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RSSPrint

Eine Jüdische Weihnachtspredigt

25.12.21

Seit April gibt es an jedem Samstag einen Beitrag in der digitalen Kirche über jüdisches Leben in Deutschland. Für den heutigen 1. Weihnachtsfeiertag habe ich lange überlegt, wie ich mit dem Thema umgehe: Jüdisches Leben und Weihnachten passt ja nicht gut zusammen. Und dann stolperte ich über diese „Jüdische Weihnachtspredigt“ aus dem Jahr 1922 von Rabbiner Dr. Reinhold Lewin, die Chajm Guski dankenswerter Weise in seinem Blog veröffentlicht hat. Der Rabbi ging damals der Frage nach, ob nicht Jüdinnen und Juden auch manche von den schönen Weihnachtstraditionen der sie umgebenden Gesellschaft übernehmen könnten. Nicht aus christlichem Glauben heraus, sondern einfach, weil sie schön sind. Insbesondere der Weihnachtsbaum als heidnische vorchristliche Tradition schiene ja unverfänglich.

Der Rabbi lehnt das ab, weil der Weihnachtsbaum nun mal mit der Geburt von Jesus verknüpft ist und weil das daraus entstandene Christentum für viel Leid gegenüber jüdischen Menschen verantwortlich ist.

Das Ablehnen des Weihnachtsbaumes aus dieser Perspektive kann ich gut verstehen.

Es gibt immer wieder Menschen die treten aus der Kirche aus, weil die Kirche in den letzten 2000 Jahren für so viele Verfehlungen verantwortlich ist und bis heute habe ich den Eindruck, es fällt der Kirche schwer bestimmte Fehler zu benennen und einzugestehen. Menschen, die aus diesen Gründen aus der Kirche austreten, fragen mich ab und an, wie ich denn bleiben könne.

Aber für mich steht ein Austritt nicht zur Debatte, weil meine Kirchenmitgliedschaft auch mit meinem Glauben verbunden ist. Für Menschen anderen Glaubens oder ohne Glaube mag das schwerer nachvollziehbar sein, aber mein Glaube an Gott steht in direktem Zusammenhang mit erlebter christlicher Gemeinschaft.

Für mich müsste daher das Ziel der Kirche sein, ihr Verhalten so zu verändern, dass ihre Verkündigung und ihr Auftrag möglichst stark im Einklang mit ihrem Handeln steht. Perfekt geht das natürlich nicht, da wir als Menschen leider nie alles richtig machen können. Im Umgang mit Menschen jüdischen Glaubens geht es aber viel viel besser, als in den letzten 2000 Jahren. Ein Jahr jüdisches Leben in Deutschland wird da auch nicht ausreichen.

Vielleicht ist es eine Utopie, vielleicht dauert es viele 100 Jahre, aber mein Wunsch wäre es, dass eines Tages der Weihnachtsbaum kein Symbol für christliche Unterdrückung ist, sondern allein ein Symbol über die Freude gegenseitiger Bereicherung und Freundschaft. Sich mit Anerkennung und Liebe zu begegnen hat ja auch viel mehr mit Weihnachten zu tun.