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Heute nochmal weiße Weihnachten!?

Dieser kürzlich veröffentlichte Artikel zu der Überlegung, wie lange der Weihnachtsbaum steht, warf die Frage nach dem Kirchenjahr auf. Wann endet die Weihnachtszeit bzw. Epiphanias-Zeit und wann beginnt die (Vor-)Passionszeit? Mit einem Blick aus dem Fenster kann ich dieses Jahr von weißen Weihnachten sprechen. Dass wir uns noch in der Weihnachtszeit (und nicht Vorpassionszeit) befinden, ist aber neu:

Da sich Ostern nach dem jüdischen Kalender richtet, ist es in unserem gregorianischen Kalender immer an einem anderen Tag. Mal früher und mal später. Weihnachten hingegen ist immer am 24. Dezember. Um die Zeit dazwischen liturgisch zu beschreiben, braucht es etwas Flexibilität und hier gab es vor zwei Jahren eine Veränderung.

Die alte Ordnung sah vor, dass vor der Passionszeit die Vorpassionszeit immer gleich lang ist und mit dem Sonntag „70 Tage vor Ostern“ beginnt (Septuagesimä). Wenn Ostern besonders früh war, musste in der Epiphanias-Zeit besonders viel gekürzt werden. Eine Regel war es, dass die Epiphanias-Zeit immer mit dem letzten Sonntag nach Epiphanias endet. Das bedeutet, dass manchmal nach dem ersten Sonntag nach Epiphanias schon der Letzte folgte, damit man die „70 Tage vor Ostern“ entsprechend begehen konnte.

Eine theologische Grundüberlegung hat zu einer Änderung geführt: Die Vorpassionszeit soll, wie es der Name sagt, auf die Passionszeit (Leidenszeit) vorbereiten. Die Epiphanias-Zeit ist hingegen die Freude über Jesu Erscheinen in unserer Welt. Je nachdem wo ich kürze, wird entweder Freud oder Leid mehr betont.

Die neue Ordnung der Kirche gilt seit 2 Jahren und unterstreicht nun die Freude. Weil die Stauchung in der Vorpassionszeit stattfindet, werden wir den Sonntag „70 Tage vor Ostern“ in diesem Jahr nicht begehen.

Hörbar wird das Kirchenjahr im Gottesdienst durch die Auswahl der Lieder, die entweder trauriger oder fröhlicher sind. Die Lesungen an den einzelnen Sonntagen sind thematisch passend vorgegeben.

Sichtbar wird das ganze durch Farben in der Kirche. Am Altar und an der Kanzel hängen Antependien, also Tücher, die passend zur Kirchenjahreszeit abgestimmt sind: Die Leidenszeit ist mit der Farbe Lila beschrieben (Advent + Passionszeit), die Christuszeit ist weiß (Weihnachten, Epiphanias, Ostern) und grob gesagt ist der Rest grün. Mit Schwarz (Karfreitag), Rot (Feste des Heiligen Geistes) und Rosa (Lätare) gibt es noch drei weitere Farben.

Für das Video am Heiligen Abend ist mir diesbezüglich ein Fauxpas passiert, denn meine Begrüßung fand vor einem grünen Antependium statt. Korrekt wäre natürlich die Farbe Weiß gewesen, aber mindestens Lila für den Zeitpunkt der Aufnahme.

Um dem farblichen Wechsel zu entgehen, gibt es zum Beispiel in Zühlsdorf ein Antependium, dass alle Farben des Kirchenjahres in sich trägt. Ähnliches ist in Basdorf geplant.

In der nachfolgenden Tabelle finden Sie die liturgische Ordnung für 2021 nach alter und neuer Sichtweise:

Datum

Alte Ordnung

Neue Ordnung

17.01.2021

2. Sonntag nach Epiphanias

2. Sonntag nach Epiphanias

24.01.2021

Letzter Sonntag nach Epiphanias

3. Sonntag nach Epiphanias

31.01.2021

Septuagesimä

Letzter Sonntag nach Epiphanias

07.02.2021

Sexagesimä

Sexagesimä

Vielen Menschen ist die Ordnung des Kirchenjahres nicht bewusst und doch ist es gut, dass sie uns für das kirchliche Leben Orientierung gibt.

Dennoch wirf es die Frage auf, ob es in bestimmten Situationen und auch allgemein zeitgemäß ist.

Für mich liegen zum Beispiel emotional große Unterschiede zwischen Advent (die Vorfreude auf Weihnachten) und Passionszeit (die Vorbereitung auf Jesu Leiden am Kreuz). Mit Blick auf die liturgische Ausrichtung sind aber beide Phasen lila.

Und auch das Leben außerhalb solcher Kirchenthemen zeigt oft genug, dass eine vorgegebene Orientierung nicht immer zu dem passt, was in unserer Welt wirklich geschieht. Im letzten Jahr war mir nicht immer nach der Freude, die durch liturgische Freudenzeit vorgegeben war.

Ganz persönlich würde ich die Passionszeit lieber als Vorbereitung auf Ostern sehen und nicht auf Karfreitag. Damit würde daraus ebenfalls eine Freudenzeit – ähnlich der anglikanischen Kirche wo Karfreitag als „Guter Freitag“ ein Freudentag ist.

Die Epiphanias-Zeit zum Nachteil der Vorpassionszeit zu verlängern ist für mich immerhin schon ein Anfang und nach dem langen Text die freudige Information für Sie:

Morgen feiern wir nicht Septuagesimä, sondern den letzten Sonntag nach Epiphanias. Und darum gibt es heute weiße Weihnachten.

(Und nächste Woche muss dann aber wirklich der Weihnachtsbaum raus.)


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